Die Zeitarbeitsbranche hat gleichzeitig mit Entlassungen und Fachkräftemangel zu kämpfen, sagt der Präsident des Bundesarbeitgeberverbands der Personaldienstleister.
Berlin Die Zeitarbeit gilt als Frühindikator für die Beschäftigungsentwicklung. Wenn dem so ist, was kommt dann auf uns zu auf dem Arbeitsmarkt?
Das ist schwer zu sagen. Viel hängt davon ab, wie lange die konjunkturelle Delle anhält und welche Wirtschaftsbereiche davon noch betroffen sein werden. Aber die Zeitarbeit ist momentan in einer doppelt schwierigen Situation.
Inwiefern?
Die
Industrie leidet unter sinkenden Aufträgen, was sich in unserer Branche
bemerkbar macht. Gleichzeitig können wir selbst oft die Nachfrage
unserer Kunden nicht bedienen, weil wir keine Fachkräfte finden – in der
Alten- oder Krankenpflege, bei Ingenieuren, im IT-Sektor.
Die Zahl der Zeitarbeiter ist zuletzt deutlich gesunken. Müssen Sie entlassen?
Problematisch wird es immer dann, wenn Kunden sich in kurzer Zeit in großer Zahl von spezialisierten Zeitarbeitern trennen, zum Beispiel Autozulieferer. Das Zeitarbeitsunternehmen kann dann ja nicht Hunderte Bandarbeiter einfach zu Bürokräften umschulen. In diesen Fällen lassen sich Entlassungen nicht immer vermeiden, auch wenn sie schmerzhaft sind.
Hat
die sinkende Nachfrage nach Zeitarbeitern in erster Linie
konjunkturelle Ursachen oder spielt auch die jüngste Regulierung eine
Rolle – Stichwort Equal Pay nach neun Monaten und eine
Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten?
Es sind in erster
Linie konjunkturelle und strukturelle Ursachen, wenn wir etwa an das
Umsteuern der Autoindustrie in Richtung Elektromobilität denken. Equal
Pay ist aber für viele unserer Kunden auch eine Hürde. Ich hatte in
meinem eigenen Unternehmen gerade einen Fall, wo es große
Schwierigkeiten gab, das rechtssicher umzusetzen.

Sebastian Lazay
Der Präsident des Bundesarbeitgeberverbands der Personaldienstleister ist außerdem Chef der Extra-Personalservice GmbH. (Foto: BAP)
Die Höchstüberlassungsdauer spielt keine Rolle?
Wir
erleben die größten Freisetzungen in der Metall- und Elektroindustrie,
wo die Sozialpartner per Tarifvertrag mit 48 Monaten eine viele längere
Höchstüberlassungsdauer als die gesetzliche vereinbart haben. Hier sind
es also ganz eindeutig konjunkturelle und strukturelle Ursachen.
Viele Unternehmen trennen sich momentan auch von Teilen der Stammbelegschaften. Wird Ihnen das Zulauf in der Zeitarbeit bringen?
Ich
fürchte nicht, weil die entlassenen Mitarbeiter dann oft nicht die
Qualifikationen mitbringen, die unsere Kunden suchen. Bei allem, was mit
Datenspeicherung und -analyse zu tun hat, ist der Markt leergefegt,
oder eben in der Pflege. Deshalb wäre es wichtig, dass auch die
Zeitarbeit Fachkräfte aus dem Ausland anwerben könnte. Leider sind wir
die einzige Branche, der das neue Einwanderungsgesetz diese Möglichkeit
verwehrt.
Sollten auch Zeitarbeiter wieder die Möglichkeit
erhalten, Kurzarbeitergeld zu beziehen, so wie es nach der Finanzkrise
kurzzeitig möglich war?
Sagen wir so: Damals war das auf
jeden Fall eine sinnvolle Regelung, die dazu geführt hat, dass sehr
viele Menschen ihren Job behalten konnten.
Quelle: Handelsblatt.de